Bei Tai Chi Chuan (andere Schreibweise Taiqiquan) denken viele Leute an ältere Menschen, die im Park stehen und sehr langsame Bewegungen ausführen. Dabei handelt es sich um einen Aspekt, den man als Bewegungsmeditation bezeichnen kann und der nachgewiesenermaßen der Gesundheitsförderung dient. Fakt ist aber, dass es sich bei Tai Chi Chuan um eine Kampfkunst handelt, und zwar um eine äußerst effektive.
Die positiven Effekte der Übungen machen sich schon nach relativ kurzer Zeit bemerkbar. Es spielt dabei keine Rolle, in welchem Alter man mit den Übungen beginnt, über wie viel Kraft man verfügt oder ob man an die Existenz von Chi/Qi glaubt.
Die Ausbildung im Tai Chi Chuan umfasst traditionell fünf miteinander verbundene Aspekte. Zunächst einmal gibt es die Formen: Taolu. Hier werden die typischen, langsam fließenden Bewegungen erlernt, deren Tempo durch die natürliche Atmung bestimmt wird.
Es gibt waffenlose und Waffenformen. Neigong und Qigong beinhalten Atemübungen, aktive Entspannung, Achtsamkeitsübungen und Meditation. Das Tuishou, auch Pushing Hands genannt, beinhaltet Partnerübungen, deren Ziel es ist, sich den Bewegungen des Partners anzupassen und urplötzlich aus einem ruhigen Bewegungsfluss heraus, den Partner aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Schon beim Erlernen der Formen werden ansatzlos und explosiv aus der Ruhe heraus geführten Schläge, Stöße und Tritte geübt (Fa Jin). Sanshou schließlich ist die angewandte Selbstverteidigung. Hierbei werden Kraft und Energie des Gegners gegen ihn verwendet.
Auf der ersten Stufe werden grundlegende Prinzipien und Techniken vermittelt. Dazu gehören die Zwerchfellatmung genauso wie das aktive Entspannen. Ein sicherer Stand, das Schonen der Gelenke und das ruhige, harmonische Ausführen einfacher Bewegungen werden durch einfache Seidenübungen (Shan Si Gong) geübt. Die Grundlagen der Meditation werden gelegt. Als erste „Form“ erlernt man die in China sehr populäre Ba Duan Jin, eine Bewegungsfolge des Qigong.
In der zweiten Stufe werden die erlernten Techniken verfeinert und ergänzt. Die Atmung wird nun auch bei komplexeren Seidenübungen ungezwungen und Tempo bestimmend eingesetzt. Es erfolgen erste Partnerübungen und die Grundlagen des Tuishu werden vermittelt. Die 24er Bejing-Form (Yang-Stil) kommt aus dem Bereich Taolu dazu, wobei bereits typische Formenelemente erlernt und die Anwendungen erklärt werden. Wer auch den Chen-Stil erlernen oder sich sogar in dieser Richtung spezialisieren möchte, erlernt in dieser Stufe zudem die 13er Chen-Form.
Die dritte Stufe legt den Schwerpunkt auf Formen und Anwendungen
Shan Si Gong (Seidenübungen) nach Shijo Zhiu Tiancai
Bei allen Übungen geht es darum,
a) sich aktiv zu entspannen, d.h. die Muskeln sind locker, kein Gelenk ist gestreckt.
b) die Bewegungen mit der Atmung zu harmonisieren. Dabei wird natürlich geatmet
(am besten komplett Nasenatmung, auf jeden Fall aber über die Nase einatmen).
Die Bewegungen werden der Atmung angepasst. Nicht umgekehrt.
1. Stehen und den Baum umarmen
2. Wechselseitig „hochheben“ und „herunterdrücken“
- dabei jeweils Gewichtsverlagerung
3. Gleichseitig große Innenkreise mit den Armen vor dem Körper vollführen
4. Beidhändiges Ziehen und Schieben
- beim Ziehen Fäuste machen und zum Dan Tien bewegen
- Hände am Körper hinaufführen und mit offenen Händen in Schulterhöhe
schieben
5. Gleichseitig großer Innenkreis mit den Armen vor dem Körper mit eingefügter Abwärts-
bewegung in Schulterhöhe
- Handgelenke kreuzen über Kopf
6. Den Ball halten wechselseitig
- mit Gewichtsverlagerung (Ausgangsfigur für „Mähne des Wildpferdes teilen“)
7. Auseinanderziehen und Zusammendrücken der Hände vor dem Dan Tien
- ähnlich dem Spielen eines unsichtbaren kleinen Akkordeons
8. Stehen und den Baum umarmen dabei abwechselnd nach rechts und links drehen
9. Paralleles Auf- und Abwärtsbewegen der Arme vor dem Körper
- entspricht der Eröffnungsbewegung bei Tai Chi Chuan – Formen
10. Außenkreise einarmig rechts und links
11. Innenkreise einarmig rechts und links
12. „Wolkenhände“ im Stand mit Gewichtsverlagerung
13. Große, vertikale Kreise mit beiden Armen nach rechts und nach links
14. Gleichseitig große Außenkreise mit den Armen vor dem Körper vollführen
15. Gleichseitig große Innenkreise (wie 3.) aber mit Gewichtsverlagerungen
16. a) Stehen in Xubu und dabei Hände wechselseitig auf und ab bewegen
- vertikale Rückwärtskreise, Hände so halten, dass Daumen nach oben weisen
-Schultereinsatz
b) … wie a), Bewegungen sind nun aber vertikale Vorwärtskreise
Das Weiche besiegt das Harte
Prinzipien
Inhalte
Seidenübungen
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